Die Hofgemeinschaft Guggenhausen und die Obstbäume
Als wir im Jahr 1993 in Guggenhausen eine Hofstelle übernehmen konnten, bot uns eine benachbarte Bauersfamilie an, ihren Obstgarten zu pachten und zu bewirtschaften. Die Bäume waren schon alt und über lange Zeit nicht mehr gepflegt, kaputte Bäume auch nicht mehr ersetzt worden.
Und weil unseren damals noch kleinen Kindern und auch uns der Saft von diesen Äpfeln ausnehmend gut schmeckte, ließen wir schon bald unseren eigenen Bio-Apfelsaft pressen. Im Lauf der Jahre sahen wir, wie sehr überall in der Region auf den übrig gebliebenen alten Obstwiesen die Bäume immer älter und immer weniger wurden, gleichzeitig entdeckten wir bei uns immer mehr Vielfalt und Leben – Margariten, Schlüsselblumen auf unserer Wiese, Stare und Meisen auf und in den Bäumen. Wir begannen, uns mehr und mehr für den Obstgarten und seine Bewohner zu interessieren und lernten nun auch unsere Bäume immer persönlicher kennen. Seit 70 Jahren oder länger stehen die Ältesten – Winterrhambour, Bohnapfel, Heslacher Gereutapfel, Jakob Lebel, Brettacher – schon allein die Namen klingen wie ein Gedicht. Und wir machten uns intensiver daran unsere übernommenen Bäume zu pflegen und immer wieder auch junge Bäume zu pflanzen, mit ähnlichen Namen wie die Alten – Prinz Albrecht, Kickacher, Berner Rosenapfel.
Weil uns der Saft der alten Sorten so wunderbar schmeckte, verschenkten wir schon immer viel davon auch an Freunde und Nachbarn. Und weil mit unseren neuen Anpflanzungen die Äpfel immer mehr wurden, überlegten wir uns, wie wir noch mehr unserer Freunde an diesem Geschmack des Oberlands und an unserer Freude über das Leben mit diesen Bäumen teilhaben lassen konnten. Dies war der Beginn des Baumpatenprojektes, mit der Grundüberlegung, dass wir diese alten Obstbäume in dieser spezifischen Art des naturnahen und Vielfalt stiftenden Anbaus nur in einem größeren Verbund erhalten könnten. Mehr Menschen mussten ihre Begeisterung an der Gestaltung der Kulturlandschaft und der Bewahrung der vielfältigen Natur gemeinsam mit der Herstellung und dem Genuss eines leckeren Apfelsafts entdecken. Und deshalb gibt es seit 2012 die Baumpaten – Menschen, die einen tätigen Beitrag für die kleinräumige und vielfältige Landbewirtschaftung leisten wollen, die natürliche Vielfalt schützen und fördern wollen und die sich das alles auch noch schmecken lassen wollen. Um das zu können, werden die Baumpaten in drei bis vier Rundbriefen (Rundbriefe) im Jahr über Situation und Aktivitäten im Obstgarten informiert. Und da es auf der Streuobstwiese eine Menge Aktivitäten gibt, für die auch gemeinsames Anpacken ganz prima ist, können die Baumpaten auch gerne zu vielfältigen Arbeitseinsätzen kommen, dabei helfen, Bäume zu schneiden, junge Bäume zu pflanzen, Heu zu ernten, bei der Apfelernte und dem Verkosten des neuen Mosts dabei sein. Immer wieder sind wir auch, gemeinsam mit einem Naturführer, im Frühjahr durch die blühenden Wiesen gegangen haben uns geheime Dinge zeigen lassen und die nahen Wunder der Natur bestaunt. Und dann haben die Baumpaten natürlich auch einen jährlichen Anteil von 50 Liter Apfelsaft, den sie im Laufe des Jahres hier in Guggenhausen abholen können.